Schlehweins Giraffe

Roman

  • Das Buch
  • Die Daten
  • Der Autor
  • Das Vorwort
  • Leseprobe

Einer der schönsten und klügsten Romane über die „Wende“. 

Bibliothek Wiederverlegter Literatur • No. 4 • Jeder Band 12 x 20cm • Schutzumschlag mit einem Linolschnitt von Roland Berger • Vorwort von Christel Berger • Im Anhang eine Erklärung der vorkommenden und  heute möglicherweise nicht mehr ganz verständlichen (DDR-)Begriffe • 333 numerierte Exemplare • Mit Vignetten von Undine Schneider • 2000 • 2. Auflage 2014 • 128 Seiten • ISBN 978-3-935194-04-4 • 13 Euro

Bernd Schirmer hat mit diesem Roman als einer der ersten über die „Wende “ geschrieben. 

Das ist der allererste Roman (1992 erschienen), der die Wende-Ereignisse und das ungewöhnliche Befinden der Ostdeutschen danach zum Thema hatte – von einem Ostdeutschen geschrieben, ohne Larmoyanz und ohne Beschuldigungswahn. Der Humor des Betroffenen unterscheidet das Buch von späteren Arbeiten jüngerer Autoren, die sich nicht betroffen fühlten, und von späteren Arbeiten anderer Schriftsteller, denen das Lachen vergangen war. Nach nur wenigen Jahren bewirkt das Erzählte Erinnerung an eine irre Zeit, die Bernd Schirmer so genau und so irr beschrieben hat, daß man meint, auch die Giraffe habe es gegeben. Oder war es vielleicht doch ein Känguruh?

Christel Berger

SIE WILL ALLES VON MIR WISSEN. Warum ich den ganzen Tag zu Hause sitze. Ob ich schon einmal in Afrika war. Warum ich nicht verheiratet bin. Was ich am liebsten esse. Welchen Beruf ich gelernt habe. Ob ich auch so gerne Haferflocken esse. Nein, habe ich gesagt, Haferflocken sind mir ein Greuel. Aber sie hat immer wieder gefragt, ob ich gern Haferflocken esse. Bis mir der Geduldsfaden gerissen ist. Da bin ich zum Supermarkt gegangen und habe eine Fünf-Kilo-Tüte gekauft. Sie war entzückt, soweit ich das beurteilen kann. Ich fragte sie, ob sie die Haferflocken so essen wolle oder mit Milch. Es war ihr gleichgültig. Hauptsache Haferflocken. Sie schmatzte genüßlich. Manchmal ist sie ziemlich ordinär, was ich auf den Einfluß der Wärter zurückführe, und bei Carl-Ernst Schlehwein, der ein belesener Mensch ist, war sie ja nur ein paar Monate; es muß die glücklichste Zeit ihres Lebens gewesen sein. Ihr Wortschatz ist gering, sie stottert gelegentlich, und beim Sprechen spuckt sie. Besondere Schwierigkeiten hat sie bei Fremdwörtern. Zum Beispiel kann sie das Wort Kolonialismus nicht richtig aussprechen. Sie sagt immer Konolialismus. Sie setzt mehrmals an und sagt Ko, dann spuckt sie und sagt Ko-ko-ko. Und dann kommt doch nur ein klägliches Konolialismus heraus. Lesen kann sie nicht. Aber dafür sieht sie gern fern, vor allem wenn etwas über Afrika kommt. Dann stelle ich ihr den Fernseher auf den Schrank. Sie sieht am liebsten im Stehen fern. Andächtig schaut sie auf den Bildschirm und ist ganz still. Ich bin dann immer froh, ich habe meine Ruhe und kann schreiben. Aber ich will mich nicht beklagen. Eigentlich verstehen wir uns gut.

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